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Project R.A.C.E.

Serienfertigung von komplexen, strukturellen Hohlbauteilen

Die KTM 1290 Superduke R beeindruckt mit ihrem kraftvollen 1300 ccm, 170-PSV-Motor und ihrer unglaublichen Beschleunigung. Das Motorrad ist eine Hochleistungsmaschine und deshalb der ideale Einsatzort für extrem leichte Hochleistungsbauteile. In Zusammenarbeit mit Top-Partnern der Branche kann Hennecke auf der K-Messe zum ersten Mal live einen Hochdruck-RTM-Leichtbauprozess präsentieren, der zukünftig Faserverbundbauteile in Form einer effizienten Serienapplikation an Stellen bringt, wo eine ganz besondere Performance benötigt wird.

Carbonbauteile sind bereits aus dem Motorsport bekannt. Im Rahmen des Project R.A.C.E. (Reaction Application for Composite Evolution) hat Hennecke zusammen mit seinen Partnern nun einen entscheidenden Entwicklungsschritt zur Industrialisierung der neuen CAVUS-Technologie von KTM Technologies geleistet, der es zukünftig erlaubt, sogar komplexe Faserverbund-Hohlbauteile im automatisierten Hochdruck-RTM-Prozess zu fertigen. Diese können in vielen weiteren integral gefertigten Faserverbund-Hohlbauteilen, wie beispielsweise Dachkonstruktionen, strukturführenden Konstruktionen oder sogar Monocoque- Geometrien umgesetzt werden. Für die Superduke R soll nun ein Strukturbauteil in der CAVUS-Technologie hergestellt werden. Der zu substituierende Motorrad-Kennzeichenträger besteht aus einer hohlen und verkleideten Stahlstruktur. Einerseits, um Gewicht einzusparen und andererseits, um im Inneren die Kabel für Blinker und Kennzeichenbeleuchtung unterzubringen. Gleichzeitig muss das Bauteil sehr steif sein, da sich im Betrieb enorme Belastungen ergeben. In herkömmlicher Bauweise wiegt der Kennzeichenträger mehr als 765 Gramm. Im Rahmen des Project R.A.C.E. fertigt Hennecke zusammen mit seinen Partnern das Bauteil bei gesteigerter Performance mit einem Gesamtgewicht von lediglich 265 Gramm. Das ist eine Gewichtsersparnis von über 60 Prozent! Stefan von Czarnecki, Director Sales & Business Development von KTM Technologies, erläutert den Anspruch des Unternehmens im Bereich Leichtbau: „Wettbewerbsfähiger Leichtbau ist für uns eine zentrale Zielsetzung bei der Entwicklung leistungsfähiger Produkte.

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Mit einem innovativen Team realisieren wir Bauteile in neuen Technologien und verschieben für unsere Kunden dabei stetig die Grenzen des Machbaren. Wir bei KTM Technologies setzen für unsere Entwicklungsprojekte auch auf leistungsfähige Partner, damit wir auch zukünftig beim Thema Leichtbau führend sind.“ Die Herausforderung für den neuen Kennzeichenträger liegt im Zusammenspiel der richtigen Auslegung gepaart mit einem produktionsgerechten Design des Bauteils und der Kombination von effizienten Verfahren auf Basis der innovativen CAVUS-Technologie von KTM Technologies. CAVUS bezeichnet die automatisierte Prozesskette für die Herstellung von strukturellen, komplexen Hohlbauteilen: von der Kernfertigung und Herstellung der Preforms mit Carbonfasern, beispielsweise in Flechttechnologie, über den HP-RTM-Prozess bis zum Auslösen des Kernmaterials. Hierdurch lassen sich ganz neue Gestaltungsmöglichkeiten in Design und Funktion realisieren. Der Prozess startet mit dem Sandkern. Genau wie beim Bau einer Sandburg benötigt man einen Binder, um dem Sand eine feste Form zu geben. Wie druckstabil eine solche Kernstruktur ist, erläutert Ivo Herzog, Geschäftsführer von H2K Minerals: „H2K Minerals ist in der Lage, komplexe Geometrien druckstabil mittels Sand herzustellen.

Sandkern von H2K Minerals: druckstabil, wasserlöslich und umweltfreundlich
Sandkern von H2K Minerals: druckstabil, wasserlöslich und umweltfreundlich
Carbonfaser-Flechtmaschine: exakt einstellbare Faserwinkel auch bei komplexen Bauteilgeometrien
Carbonfaser-Flechtmaschine: exakt einstellbare Faserwinkel auch bei komplexen Bauteilgeometrien

Hierbei können die hergestellten Sandkerne einem enormen Injektionsdruck von bis zu 500 bar standhalten. Der verwendete Binder ist hierbei wasserlöslich, sodass der Kern am Prozessende ganz einfach mit herkömmlichem Wasser umweltfreundlich ohne jegliche Art von Lösemitteln herausgespült werden kann.“

Der zweite Teil ist der passgenaue Carbon-Preform. Dr. Stefan Carosella, Gruppenleiter Faserverbundtechnologie vom Institut für Flugzeugbau Stuttgart, erklärt die Herstellung: „Es handelt sich um einen Flechtprozess, bei dem die Carbonfasern um den Sandkern geflochten werden. Hierbei sind die Lage, der Winkel und die Ausrichtung jeder einzelnen Faser enorm wichtig, um nachher Kräfte, welche auf das Bauteil wirken, richtig aufzunehmen.“

Zur Herstellung von lang- und endlosfaserverstärkten flächigen Bauteilen kommt bisher das Harzinjektionsverfahren Resin Transfer Moulding (RTM) zur Anwendung. Dabei werden ungetränkte Verstärkungsfasern in Form eines vorkonfektionierten und konturnahen Preforms in ein Werkzeug eingelegt. Die Fasern können dabei verwoben oder gerichtet sein. Nach dem Schließen des Werkzeugs wird es mit einem reaktiven Harzsystem geflutet. Nach dem Aushärten des Bauteils lässt sich dieses aus dem Werkzeug entnehmen. Dieses Verfahren hat Hennecke durch die Entwicklung der HP-RTM-Technologie hinsichtlich der Zykluszeit bereits deutlich optimieren können.

Beim Project R.A.C.E. kommt als Matrixmaterial Vitrox® der Firma Huntsman, ein RTM-Polyurethan-Material mit dem sogenannten Snapcure-Effekt, zum Einsatz. Snapcure ermöglicht eine schnelle und schlagartige Aushärtung von Vitrox®. „Das Project R.A.C.E. ist eine exzellente Plattform, in der High-Speed-PU-Matrixmaterialien wie Vitrox® ihre volle Performance unter Beweis stellen können“, sagt Hubert Reitberger, Product Manager Advanced Composite Resins von Huntsman Polyurethanes. „Selbsttrennende Systeme mit herausragenden mechanischen Eigenschaften, gepaart mit einstellbaren, auf die Zykluszeit optimierten Aushärtezeiten, sind der Schlüssel für die Serienfertigung mit kurzer Taktzeit.“

Präzise und sekundenschnelle Injektion des Rohstoffsystems: die Hennecke-STREAMLINE
Präzise und sekundenschnelle Injektion des Rohstoffsystems: die Hennecke-STREAMLINE

Der HP-RTM-Prozess startet mit dem automatisierten Einlegen des vorgefertigten Preforms durch einen Roboter. Anschließend schließt die Presse das Werkzeug und der Injektionsprozess startet. Der gesamte Aushärteprozess dauert nur 125 Sekunden. Mit der elast 400 der Firma ENGEL steht dem Prozess eine äußerst kompakte Presse zur Verfügung. „ENGEL-Maschinen zeichnen sich durch höchste Präzision, Energieeffizienz und Zuverlässigkeit aus“, sagt Matthias Mayr, Leiter Projektmanagement und Anwendungstechnik im Technologiezentrum für Leichtbau Composites von ENGEL. „Gemeinsam mit unseren Automatisierungsmöglichkeiten bilden sie die ideale Basis für effektive Serienfertigung im Bereich der HP-RTMVerarbeitung. In die Fertigungszelle haben wir eine elast 400 integriert, welche sowohl für automatisierten Betrieb, als auch für einen Laborbetrieb bestens geeignet ist.“

Auch an das Werkzeug werden hohe Ansprüche gestellt, weiß Gaetano Donizetti, Sales Manager beim Unternehmen PERSICO, zu berichten: „Man möchte damit eine gegenüber den Carbonfasern robuste, aber auch gleichzeitig hochpolierte Oberfläche realisieren. Dies ermöglicht die Fertigung von hochqualitativen Bauteilen und Oberflächen. Hierbei müssen die Entformbarkeit und die Injektionspunkte richtig gewählt werden.“

Automatisierte Entnahme des ausgehärteten Bauteils aus dem Werkzeug.
Automatisierte Entnahme des ausgehärteten Bauteils aus dem Werkzeug.

Eine Weltneuheit ist die Dichtung in diesem Werkzeug. Diese muss einem Forminnendruck von rund 100 bar dauerhaft standhalten. Hier kommt ein neues Dichtungsmaterial von Murtfeld zum Einsatz. „Murtfeldt Kunststoffe ist stolz, erstmalig im Project R.A.C.E. ein Dichtungsmaterial zu präsentieren, welches dauerhaft den Forminnendrücken standhält und zum anderen resistent gegenüber Beschädigungen von Restmaterialien oder gar Carbonfasern ist“, sagt Ralf Burghoff, Technischer Assistent der Geschäftsführung von Murtfeldt: „Murlock® ist ein weiterer Schlüssel zum Großserieneinsatz von Hochdruck-RTM-Prozessen.“

Zu guter Letzt spielt auch die Dosiermaschine eine wichtige Rolle. Die Hennecke STREAMLINE ermöglicht die präzise und sekundenschnelle Injektion des Rohstoffsystems. Karolin Jacobs, Konstruktion Dosiermaschinen von Hennecke: „Die STREAMLINE Maschine bietet ein breites Spektrum an Besonderheiten, welche den HP-RTM-Prozess maßgeblich beeinflussen. Hierbei spielen Druck, Sensorik im Mischkopfauslauf, hydraulisch gesteuerte Nachdrückfunktion sowie Formfüllüberwachung zum Ausgleich von Preform-Gewichtsschwankungen wesentliche Rollen zum perfekten Bauteil.“

Das Project R.A.C.E. stellt beeindruckend unter Beweis, wie durch gemeinsame Anstrengungen hoch spezialisierter Projektpartner ein entscheidender Entwicklungsschritt im Bereich der Serienfertigung von Faserverbund-Hohlbauteilen auf Basis der CAVUS-Technologie getätigt werden kann. Für Rolf Trippler, Geschäftsführer Vertrieb Hennecke GmbH, steht die Projektarbeit deshalb nicht zuletzt stellvertretend für das Selbstverständnis des Polyurethan- Spezialisten: „Hennecke hat seine Technologieführerschaft in vielen Anwendungsbereichen stets auch durch enge Kooperation mit unterschiedlichsten Branchenführern erweitert. Das Project R.A.C.E. stellt dies beeindruckend unter Beweis. Hiermit möchte ich nochmals meinen Dank für die erfolgreiche Umsetzung des Projekts an alle beteiligten Unternehmen ausdrücken.“


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  • HP-RTM-Anlagentechnik