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Alles andere als „Käse“

Die weltweite Erfolgsgeschichte von Polyurethan

Polyurethan verdankt seine Entdeckung 1937 durch Otto Bayer wohl eher dem Zufall – seinen weltweiten Siegeszug als universell einsetzbarer Werkstoff jedoch auch der Innovationskraft der Hennecke GmbH.

Am Anfang stand ein Experiment: Eigentlich war der Chemiker Otto Bayer auf der Suche nach einem Verfahren, um Kunstfasern herzustellen. Dann passierte eine Panne: kleine Säuremengen gelangten in den Stoff und die Kunststoffmasse schäumte auf. Das vernichtende Urteil eines Chemikers nach dem Einreichen erster Proben lautete: „Allenfalls brauchbar zur Herstellung von Emmentaler-Käse-Imitationen“. Das Team um Otto Bayer ließ sich von diesem Zwischenfall nicht entmutigen und fügte dem Reaktionsgemisch einen kleinen Anteil Wasser bei. Kohlendioxyd spaltete sich ab und es kam zu Bläschenbildung – die Geburtsstunde des ersten Schaumstoffs auf Polyurethan-Basis.

Man schreibt das Jahr 1945. Es ist der 1. November und Karl Hennecke, der als Abteilungsleiter bei der Dynamit Nobel AG in Troisdorf arbeitete, ist fest entschlossen, sein Glück in die eigene Hand zu nehmen und gründet in Sankt Augustin-Birlinghoven bei Bonn die „Maschinenfabrik Karl Hennecke“. Was er damals noch nicht ahnt ist, dass er damit den Grundstein für eines der weltweit erfolgreichsten Unternehmen auf dem Gebiet der Herstellung von Polyurethan-Verarbeitungstechnik gelegt hat – die heutige Hennecke GmbH.

Auch wenn die ersten Eigenentwicklungen – Kaschiermaschinen, Textilwaschanlagen, Schokoladen-Pulvermühlen – noch exotisch anmuteten, erkannte Karl Hennecke bereits frühzeitig die Bedeutung und die wachsende Nachfrage nach Polyurethan-Produkten und willigte in das Angebot der Farbenfabriken in Leverkusen ein, die einen Partner für den Bau von so genannten Polyurethan-Verdüsungsmaschinen suchten. Dies war die Geburtsstunde der Aktivitäten der Maschinenfabrik Karl Hennecke auf dem Polyurethan-Sektor.

1950: Die stetig wachsende Hennecke-Belegschaft fünf Jahre nach der Firmengründung
1950: Die stetig wachsende Hennecke-Belegschaft fünf Jahre nach der Firmengründung

Von der Vier-Mitarbeiter-Maschinenfabrik zum Global Player

Es folgte ein beispielloser Aufschwung der Polyurethane, eng gekoppelt an die Geschichte und Innovationskraft der Hennecke GmbH. Zu Beginn der 50er Jahre wurden die ersten Maschinen, mit denen Weichschaumblöcke in Kisten gefertigt wurden, ausgeliefert. Der weltweiten Nachfrage verdankt Hennecke seine globale Ausrichtung und Betätigung. Vor allem Hennecke-UBT-Anlagen zur kontinuierlichen Blockschaumfertigung genossen schon früh einen sehr guten Ruf. Nach und nach lösten Polyurethan-Maschinen die übrigen Produkte ab und das expandierende Maschinenspektrum ließ die Mitarbeiterzahl schnell anwachsen.

1962 – dem Todesjahr von Karl Hennecke – betrug die Zahl der Beschäftigten 169 und das Unternehmen hatte einen Umsatz von 6,5 Millionen DM. Nach dem Tod des Firmengründers wurde die schwerpunktmäßige Ausrichtung des Produktprogrammes auf Polyurethan-Anlagen erfolgreich fortgesetzt. Dabei weitete sich das Geschäftsvolumen stetig aus. In den späten 50er Jahren kamen Hochdruck-Dosiermaschinen hinzu. Die in diesen HK-Maschinen praktizierte Gegenstrominjektion war damals völlig neu auf dem Markt und wird bis heute durch zwei aufeinander gerichtete Pfeile im Firmenlogo von Hennecke versinnbildlicht.

Gemischaustrag an einer der ersten Anlagen zur Herstellung von Blockschaumstoffen
Gemischaustrag an einer der ersten Anlagen zur Herstellung von Blockschaumstoffen

Bis zum Patentablauf war Hennecke Monopolist dieser Technologie. Ab 1966 wurden völlig neu konzipierte Doppeltransportbänder zur kontinuierlichen Herstellung von Polyurethan-Hartschaumplatten gebaut – ein weiteres Beispiel für die Innovationskraft und die Risikobereitschaft des Maschinenbauers. Um den Markt sicher mit Maschinen zu versorgen, kam es Ende 1967 zu einer mehrheitlichen Beteiligung von Bayer an Hennecke und das Unternehmen wurde in “Maschinenfabrik Hennecke GmbH” umbenannt. 1975 erfolgte dann die übernahme durch die Bayer AG. Mit dem Einstieg in Großprojekte für Russland und Polen Anfang der 70er Jahre betrat Hennecke Neuland. Der Polyurethan-Maschinenbau steckte noch in den Kinderschuhen und es gab so gut wie keine Fachliteratur. Doch Hennecke nahm diese Herausforderung an und meisterte sie.

Zeitgleich legte Professor Menges in Aachen am Kunststoffinstitut den Grundstein für die wissenschaftliche Bearbeitung von Polyurethan. Hennecke hat das Institut stets unterstützt. Nach und nach änderten sich die Marktverhältnisse und Hennecke bekam mehr und mehr Konkurrenz.

Während viele Mitbewerber nur Teilgebiete abdeckten, bot Hennecke ein umfangreiches Programm von PUR-Anlagen, das in den 70er Jahren systematisch erweitert wurde. Als Beispiele seien hier genannt: Formteilanlagen zur Herstellung von Heiß- und Kaltschaum, verschiedenste Kühlschrankanlagen, Anlagen zur Fertigung von Skiern, Fensterprofilanlagen, Baydur-Formteilanlagen, Hartschaum- Rechteckblockanlagen u.a. In den 80er Jahren machte Hennecke vor allem mit der RIM-Technologie auf sich aufmerksam, mit deren Hilfe sich Großteile für die Automobilindustrie herstellen lassen. Der Bau von RIMDOMATEN und großen Schließeinheiten gehörte fortan zum Programm. Auch die Aktivitäten auf den ausländischen Märkten wurden forciert. So wurden 1979 in Sao Paulo das deutsch-brasilianische Gemeinschaftsunternehmen Hennecke Equipamentos und 1980 in Frankreich die Vertriebstochter Hennecke France gegründet. 1982 kam es zu einem Lizenzabkommen für Japan mit der japanischen Firma Meg Maruka, an der sich Hennecke nach 10 Jahren erfolgreicher Zusammenarbeit beteiligte.

Bereits seit den 1960er Jahren ist Hennecke in den USA aktiv und noch heute zählt die Schwesterfirma Hennecke Inc. in Pittsburgh zu den wichtigsten Auslandsgesellschaften. Einen weiteren Aufschwung brachte für Hennecke die wirtschaftliche Öffnung Chinas. Bereits 1983 lieferte Hennecke PUR-Anlagen ins Reich der Mitte. Die China-Aktivitäten läuteten auch die intensive Bearbeitung ostasiatischer Länder ein. Die Bedeutung dieses Geschäfts spiegelt sich in einer eigenen Vertretung in Singapur wieder. Die 80er Jahre waren geprägt durch den Trend zur Automation. In dieser Zeit wurden von Hennecke viele hochautomatische Anlagen gebaut und weltweit geliefert. Wie viele andere Unternehmen war Hennecke in den 90er Jahren von der weltweitenWirtschaftskrise betroffen, konnte aber dank innovativer Technologien – wie die Pentan-Prozess-Technologie – seine Wettbewerbsposition sichern. Seit 1997 heißt das Unternehmen “Hennecke GmbH”, seit 2008 ist Hennecke eine 100-prozentige Tochter der Adcuram Group AG.

Hennecke – Lokomotive der PUR-Verarbeitungstechnik

Der weltweite Mengenverbrauch von Polyurethan steigt jährlich um bis zu fünf Prozent. Der universell einsetzbare Werkstoff findet sich in vielen Lebensbereichen, so zum Beispiel im Wohnbereich, in Fahrzeugen, zur Frischehaltung von Lebensmitteln oder zur energiesparenden Dämmung von Wänden und Dächern im privaten und gewerblichen Sektor. Und die Einsatzmöglichkeiten der PUR-Systeme sind längst noch nicht erschöpft. Auch die Öko-Bilanz kann sich sehen lassen. Polyurethane verbrauchen nur 0,2 Prozent des jährlich geförderten Erdöls, sparen jedoch Millionen Tonnen an Heizöl durch ihre Isolierungseigenschaften, minimieren als Fahrzeug-Leichtbauteile den Benzin- und Dieselverbrauch, senken die Energiekosten in Kühlmöbeln und sparen wertvolle Rohstoffe durch den Einsatz von Recycling-Technologien. An dieser Entwicklung hat Hennecke einen entscheidenden Anteil, weil der Maschinenbauer die Anlagentechnologie zur Verfügung stellte und damit die Grundlagen für den weltweiten Siegeszug des vielseitigen Werkstoffs und die daraus resultierenden Steigerungsraten in der PUR-Industrie schuf. Die amerikanische Polyurethane Foam Association ehrte Hennecke deshalb mit einem Platz in ihrer Hall of Fame. Über 500 Patentideen sind seit 1945 in Zusammenarbeit mit der Bayer AG entstanden. Zu den Meilensteinen gehören u.a. die kontinuierliche Blockschaumherstellung, das Rechteckblockverfahren für wirtschaftliches Blockschäumen, die Hochdruck-Vermischung der PUR-Komponenten und die Entwicklung der ersten Hochdruck-Dosiermaschinen, das NOVAFLEX®-Verfahren zur Herstellung vonWeichschaumblöcken mit natürlichem CO2 als Treibmittel, die erweiterte NOVAFLEX®- MULTIFILL-Technologie zur Verarbeitung von Füllstoffen im Batchoder Onlineverfahren, die Pentan-Prozess-Technologie zur Herstellung FCKW-freier Schäume für Kühlgeräte, die CLEARRIM-Technologie zur Versiegelung edler Oberflächen, die PUR-CSM-Sprühtechnologie für die Produktion leichter und belastbarer PUR-Teile mit Glas- oder Naturfaserverstärkung sowie die HP-RTM-Technologie zur Herstellung von faserverstärkten Strukturbauteilen. Hennecke baute die größte Blockschaumanlage der Welt, das leistungsfähigste Doppeltransportband der Welt und die größte vollautomatische und flexible Anlage zum Ausschäumen von Kühlgeräten.

Das Unternehmen, das weltweit 450 Mitarbeiter beschäftigt und Produktionsstätten in Deutschland, USA, Japan und China sowie Vertretungen in nahezu allen Ländern unterhält, zählt heute weltweit zu den bedeutendsten Lieferanten von PUR-Technologie und gilt als PUR-Anlagenbauer mit dem breitesten Angebotsspektrum.

Feinabstimmung: frühe Hochdruck-Verdüsungsmaschine im Testbetrieb
Feinabstimmung: frühe Hochdruck-Verdüsungsmaschine im Testbetrieb

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